23 Februar 2007
Einheitssatz Mehrwertsteuer: Markt gegen Bürokraten
Hut ab vor den Reformplänen bei der Mehrwertsteuer, die das Finanzdepartement kürzlich bekanntgab. Die Reform ist ein mutiger Schritt in die richtige Richtung, denn sie bringt mehr Rechtssicherheit, reduziert den Ausnahmenkatalog, und will einen einheitlichen Satz für jede Art von Wertschöpfung einführen. Aus ökonomischer Sicht eine perfekte Sache. Die Reform soll ja dem Staat nicht mehr, sondern gleich viel Geld einbringen. Die Vorlage hat aber zwei gewichtige Flanken auf denen sie angegriffen werden kann:
1. Die Mehrwertsteuer wird fälschlicherweise oft als "unsozial" eingestuft, weil sie auch von niedrigeren Einkommen bezahlt werden muss. Der reduzierte Satz gibt vor, diesen Nachteil zu dämpfen. Beides ist aber falsch. Budgetprobleme von niedrigen Einkommen entstehen nicht aus den Ausgaben für die Grundversorgung (welche zum niedrigen Satz besteuert wird), sondern aus Miete, Krankenkasse, etc. Zudem sind es vor allem die höheren Einkommenskategorien, die en masse teure Nahrungsmittel kaufen - dank reduziertem Satz oftmals steuervergünstigt. Die Abschaffung des reduzierten Satzes macht die Mehrwertsteuer deshalb nicht unsozialer, zumal diese Flanke auch von "flankierenden Massnahmen" zugunsten Minderbemittelter geschützt wird. Da die Mehrwertsteuer proportional ist, bezahlen alle diese Steuer gemäss ihrem Konsumaufkommen. Höhere Einkommensschichten, die viel konsumieren*), v.a. auch aus lokaler Produktion, bezahlen ungleich höhere Mehrwertsteuern.
2. Die Abschaffung von Steuerbefreiungen und die Abschaffung der unnützen Sätze schafft Gerechtigkeit, Transparenz, Einfachheit, eine sehr starke administrative Entlastung und ... viele Feinde. Alle die nämlich, die von der aktuellen Komplexität leben (Steuerberater) oder durch die Ausnahmen begünstigt werden. Wenn man bedenkt, wie leicht damals der skandalöse Sondersatz für das Gastgewerbe im Parlament durchkam, so ist anzunehmen, dass der Widerstand der Lobbyisten gross sein wird. Sicher ist es sinvoll, in gewissen Bereichen, Ausnahmen zuzulassen, z.B. wenn es technisch nicht möglich ist (Finanzsektor). Politisch heikel ist wohl das Gesundheitswesen. Es wäre allerdings transparenter, das Gesundheitswesen der Steuer zu unterstellen und die daraus entstehenden Mehreinnahmen in Form von Abgeltungen z.B. pauschal zurück zu erstatten: gleich viel Umverteilung, aber sichtbarer.
Die Bürokraten, die ich meine sind diesmal nicht der Staat, sondern diejenigen, die sich den Staat für ihre persönlichen Zwecke auf Kosten anderer zunutze machen. Diejenigen, welchen die heutige Bürokratie gut in den Kram passt - entgegen aller marktwirtschaftlichen Logik.
Quellen:
http://www.nzz.ch/2007/02/15/il/newzzEY79FRA5-12.html
http://www.efd.admin.ch/dokumentation/gesetzgebung/00571/01116/index.html?lang=de
*) Der Mär, dass Reiche proportional weniger konsumieren, muss immer wieder widersprochen werden: was heute gespart wird, wird einfach nur später konsumiert, es sei denn, die gesamtwirtschaftliche Sparquote nähme permanent zu. Bei einer Verzögerung wird, dank realer Verzinsung, am Ende sogar mehr konsumiert, nicht weniger.
1. Die Mehrwertsteuer wird fälschlicherweise oft als "unsozial" eingestuft, weil sie auch von niedrigeren Einkommen bezahlt werden muss. Der reduzierte Satz gibt vor, diesen Nachteil zu dämpfen. Beides ist aber falsch. Budgetprobleme von niedrigen Einkommen entstehen nicht aus den Ausgaben für die Grundversorgung (welche zum niedrigen Satz besteuert wird), sondern aus Miete, Krankenkasse, etc. Zudem sind es vor allem die höheren Einkommenskategorien, die en masse teure Nahrungsmittel kaufen - dank reduziertem Satz oftmals steuervergünstigt. Die Abschaffung des reduzierten Satzes macht die Mehrwertsteuer deshalb nicht unsozialer, zumal diese Flanke auch von "flankierenden Massnahmen" zugunsten Minderbemittelter geschützt wird. Da die Mehrwertsteuer proportional ist, bezahlen alle diese Steuer gemäss ihrem Konsumaufkommen. Höhere Einkommensschichten, die viel konsumieren*), v.a. auch aus lokaler Produktion, bezahlen ungleich höhere Mehrwertsteuern.
2. Die Abschaffung von Steuerbefreiungen und die Abschaffung der unnützen Sätze schafft Gerechtigkeit, Transparenz, Einfachheit, eine sehr starke administrative Entlastung und ... viele Feinde. Alle die nämlich, die von der aktuellen Komplexität leben (Steuerberater) oder durch die Ausnahmen begünstigt werden. Wenn man bedenkt, wie leicht damals der skandalöse Sondersatz für das Gastgewerbe im Parlament durchkam, so ist anzunehmen, dass der Widerstand der Lobbyisten gross sein wird. Sicher ist es sinvoll, in gewissen Bereichen, Ausnahmen zuzulassen, z.B. wenn es technisch nicht möglich ist (Finanzsektor). Politisch heikel ist wohl das Gesundheitswesen. Es wäre allerdings transparenter, das Gesundheitswesen der Steuer zu unterstellen und die daraus entstehenden Mehreinnahmen in Form von Abgeltungen z.B. pauschal zurück zu erstatten: gleich viel Umverteilung, aber sichtbarer.
Die Bürokraten, die ich meine sind diesmal nicht der Staat, sondern diejenigen, die sich den Staat für ihre persönlichen Zwecke auf Kosten anderer zunutze machen. Diejenigen, welchen die heutige Bürokratie gut in den Kram passt - entgegen aller marktwirtschaftlichen Logik.
Quellen:
http://www.nzz.ch/2007/02/15/il/newzzEY79FRA5-12.html
http://www.efd.admin.ch/dokumentation/gesetzgebung/00571/01116/index.html?lang=de
*) Der Mär, dass Reiche proportional weniger konsumieren, muss immer wieder widersprochen werden: was heute gespart wird, wird einfach nur später konsumiert, es sei denn, die gesamtwirtschaftliche Sparquote nähme permanent zu. Bei einer Verzögerung wird, dank realer Verzinsung, am Ende sogar mehr konsumiert, nicht weniger.
06 Februar 2007
Kriegsverweigerung
Leutnant Ehren K. Watada will nicht in den Krieg. Ein Dienstverweigerer ist er sicher nicht, nur ein Kriegsverweigerer. Hat er dieses Recht ? Ich glaube hier stellt sich sehr direkt die Frage nach der Rolle des (staatlichen) Militärs in einer demokratischen und liberalen Gesellschaft. Seit der Nazizeit wissen wir, dass ziviler ungehorsam in gewissen Situationen legitim, sogar notwendig ist. In diesem Sinne ist es stossend, jemanden dazu zwingen an einer kriegerischen Expedition teilzunehmen, zumal diese mit "Landesverteidigung" reichlich wenig am Hut hat. (Erinnern wir uns, die Römer haben ausschliesslich Verteidigungskriege geführt - zum Schutze vor potentiellen Gegnern der Stadt - und dabei die Welt erobert).
Ist es nicht ein Recht eines jeden Bürgers, sich zumindest an gewissen Aktionen des Staates nicht beteiligen zu müssen und gilt dieses Recht auch für Berufssoldaten? Aus einer staatspolitischen Perspektive würde ich sagen, es gilt für Berufssoldaten ganz besonders. Und zwar aus demselben Grund, warum es in einer freien Gesellschaft (wenn überhaupt) eigentlich nur Milizsoldaten geben dürfte.
Watada wird wohl verurteilt werden. Legalität ist eben nicht zu verwechseln mit Legitimität und Pflicht kann der Neigung nicht ohne Preis abgerungen werden.
Ist es nicht ein Recht eines jeden Bürgers, sich zumindest an gewissen Aktionen des Staates nicht beteiligen zu müssen und gilt dieses Recht auch für Berufssoldaten? Aus einer staatspolitischen Perspektive würde ich sagen, es gilt für Berufssoldaten ganz besonders. Und zwar aus demselben Grund, warum es in einer freien Gesellschaft (wenn überhaupt) eigentlich nur Milizsoldaten geben dürfte.
Watada wird wohl verurteilt werden. Legalität ist eben nicht zu verwechseln mit Legitimität und Pflicht kann der Neigung nicht ohne Preis abgerungen werden.
Einheitskrankenkasse
Die Einheitskasse ist ein faszinierendes Thema. Wie bereits gesagt, im Grunde geht es hier darum, zwischen einem Politik- /Marktversagen und einem angekündigten Staatsversagen zu entscheiden. Die Treiber der Gesundheitskosten liegen zur Zeit ohnehin anderswo (z.B. Angebot der Spitäler). Für mich spielt sich die kritische Frage primär bei der Finanzierung ab. Dazu eine kleine Denksportaufgabe:
Wie kann eine Kopfprämie (mit Prämienverbilligung), also das heutige System, ersetzt werden durch einkommensabhängige "Prämien", ohne dass dabei die mittleren Einkommen schlechter abschneiden ? Dazu sei auf die Notwendigkeit verwiesen, die Finanzierungslösung "mehrheitsfähig" zu gestalten, sonst käme sie nirgendwo durch.
Die Antwort lautet natürlich: mehr Umverteilung!
Wenn Kinder nichts bezahlen, dann findet eine Umverteilung von Kinderlosen zu Eltern statt. Damit würde immerhin eine Verzerrung der "sozialen" Altersvorsorge entschärft, denn AHV und ähnliches macht Kinder finanziell absolut uninteressant, dies im Gegensatz zu den Zeiten als diese die wichtigste Altersvorsorge waren. Der Rest wäre Umverteilung von den "reicheren" 20% (oder so) zu den 80 weniger reichen Prozent.
Der Umverteilungsaspekt tötet die Gerechtigkeit, denn warum soll jemand für die gleiche Leistung einen höheren Preis bezahlen als ein anderer. Oder sind Lohnunterschiede per se ungerecht und zu nivellieren? Ich bin überzeugt, sie sind es grosso modo eben nicht und die Nivellierung, z.B. durch Sozialhilfe und durch progressive Steuern ist heute bereits übertrieben.
Der andere Nachteil der Umverteilung ist, dass die Anreize zur Mässigung der Gesundheitskosten reduziert würden. Der Druck (v.a. politisch) die Prämienverteuerungen zu verhindern hat bereits zu Massnahmen geführt, zugegebenermassen nicht immer sehr sinnvolle. Es ist aber essentiell, dass dieser Druck aufrechterhalten bleibt. Sonst könnten die einkommensabhänigen Prämien am Ende teuer zu stehen kommen - auch die subventionierten. Fazit: forget it.
Wie kann eine Kopfprämie (mit Prämienverbilligung), also das heutige System, ersetzt werden durch einkommensabhängige "Prämien", ohne dass dabei die mittleren Einkommen schlechter abschneiden ? Dazu sei auf die Notwendigkeit verwiesen, die Finanzierungslösung "mehrheitsfähig" zu gestalten, sonst käme sie nirgendwo durch.
Die Antwort lautet natürlich: mehr Umverteilung!
Wenn Kinder nichts bezahlen, dann findet eine Umverteilung von Kinderlosen zu Eltern statt. Damit würde immerhin eine Verzerrung der "sozialen" Altersvorsorge entschärft, denn AHV und ähnliches macht Kinder finanziell absolut uninteressant, dies im Gegensatz zu den Zeiten als diese die wichtigste Altersvorsorge waren. Der Rest wäre Umverteilung von den "reicheren" 20% (oder so) zu den 80 weniger reichen Prozent.
Der Umverteilungsaspekt tötet die Gerechtigkeit, denn warum soll jemand für die gleiche Leistung einen höheren Preis bezahlen als ein anderer. Oder sind Lohnunterschiede per se ungerecht und zu nivellieren? Ich bin überzeugt, sie sind es grosso modo eben nicht und die Nivellierung, z.B. durch Sozialhilfe und durch progressive Steuern ist heute bereits übertrieben.
Der andere Nachteil der Umverteilung ist, dass die Anreize zur Mässigung der Gesundheitskosten reduziert würden. Der Druck (v.a. politisch) die Prämienverteuerungen zu verhindern hat bereits zu Massnahmen geführt, zugegebenermassen nicht immer sehr sinnvolle. Es ist aber essentiell, dass dieser Druck aufrechterhalten bleibt. Sonst könnten die einkommensabhänigen Prämien am Ende teuer zu stehen kommen - auch die subventionierten. Fazit: forget it.
Energie !
Kurz auf den Punkt gebracht. Niemand will ein neues AKW (oder etwa doch ?). Niemand will ein Öl-, Gas-, Kohleraftwerk oder ähnliches (da könnten wir Kyoto gleich begraben, CO2 - Zertifikate in diesem Ausmass wären zu teuer und/oder entwicklungspolitisch ungerecht). Und niemand will das Stromsparen über ein blosses angereichertes Lippenbekenntnis hinaus durchziehen. Was nützt da eine Sondersession zum Klima? Welche Vorlagen sollen denn da überhaupt beraten werden? Es ist doch gar nichts auf dem Tisch.
Vorschläge:
- Lenkungsabgabe auf nicht-Minergie Neubauten
- Erhöhung der Mineralölsteuer (wenn schon, anstatt irgendwelcher ineffizienten neuen Automobilsteuern)
- Bau von Solar-Kraftwerken in den Alpen z.B. zwecks Herstellung von Wasserstoff.
Und der aufgeklärte Leser wird's gemerkt haben: mir geht es nicht um die Externalität "Klima" sondern um die Externalität "Abhängigkeit von unkontrollierbaren Energiequellen".
(Von AKWs bin ich übrigens nicht begeistert, aber vielleicht ist das für das 21. Jahrhundert noch das kleinste Übel, bis danach wird es hoffentlich besseres geben.)
Vorschläge:
- Lenkungsabgabe auf nicht-Minergie Neubauten
- Erhöhung der Mineralölsteuer (wenn schon, anstatt irgendwelcher ineffizienten neuen Automobilsteuern)
- Bau von Solar-Kraftwerken in den Alpen z.B. zwecks Herstellung von Wasserstoff.
Und der aufgeklärte Leser wird's gemerkt haben: mir geht es nicht um die Externalität "Klima" sondern um die Externalität "Abhängigkeit von unkontrollierbaren Energiequellen".
(Von AKWs bin ich übrigens nicht begeistert, aber vielleicht ist das für das 21. Jahrhundert noch das kleinste Übel, bis danach wird es hoffentlich besseres geben.)