10 Oktober 2008

 

Krisenalarm

Das Verhalten der Finanzmärkte in den letzten Jahren hat dazu geführt, dass liberale Ideen nun einen Schlag erhalten. Das dümmste wäre jetzt, offensichtliche Fehler nicht einzugestehen. Stattdessen müssen die ordnungspolitischen Implikationen sachlich untersucht werden.

1. Die Regulierung der Banken hat versagt. Es braucht nicht weniger Regulierung und auch nicht mehr Regulierung, sondern zielführende. Von aussen betrachtet drängen sich drei Gedanken auf: (1) Die Eigenmittelvorschriften dürfen nicht risikogewichtet sein. Risiken werden über Zinssätze abgegolten! Das war die kritische Schwäche von Basel II und muss behoben werden. (2) Anlagen dürfen nicht mark to market bewertet werden, sondern gemäss Vorsichtsprinzip, weil sonst in Höhenflügen die Situation zu optimistisch eingeschätzt wird und im Crash dann möglicherweise zu pessimistisch. (3) Strukturierte Produkte dürfen nur weiter verkauft werden, wenn der Verkäufer einen Anteil davon für sich behält.

2. Die Implikationen für den Finanzplatz sind noch nicht klar abzuschätzen. Das Geschäftsmodell der Universalbank scheint aber zu triumphieren, im Gegensatz zu den reinen und unregulierten Investmentbanken. Die Staatsgarantie mag falsche Signale aussenden, im Fall einer Systemkrise gilt sie jedoch implizit immer.

3. Die Politik ist unvorbereitet. Paradebeispiel ist der Schweizer Bundesrat. Ich glaube (im Gegensatz zu vielen anderen), dass der Bundesrat generell gute Arbeit leistet. In dieser Krise versagt er aber jämmerlich. Die Machenschaften der Banken müssten aufs schärfste verurteilt werden, es müsste auf die Grenzen eines sich auf reiner Spekulation gründenden Kapitalismus verwiesen werden. Im Interesse der Marktwirtschaft gilt mehr denn je sich auf die Wohltaten des schöpferischen Unternehmertums zu besinnen. Stattdessen hört man rein gar nichts und manche Journalisten heizen mit teilweise undifferenzierten Hiobsbotschaften die Krise noch fröhlich an, anstatt z.B. auf die sich nun öffnenenden Investitionsmöglichkeiten hinzuweisen.

4. Die Krise hat auch die Grenzen von Marktmechanismen offen gelegt. Nicht, dass es in diesem Fall jemand anders (eine Staatsbank) besser hätte tun können, nur führt der Markt kaum immer wie durch Magie zur optimalen Ressourcenallokation. Der Markt, der versagt hat, ist dabei weit zu fassen. Offensichtlich waren es nicht nur Bankmanager, die sich verkalkuliert haben, sondern vor allem auch Investoren, Kreditnehmer und teilweise sogar Notenbanker (welche zu spät reagierten oder, wie in den USA, das ganze noch anheizten). Es ist das Problem mit der unsichtbaren Hand: Manchmal ist sie deswegen unsichtbar, weil sie gar nicht da ist. Der Glaube macht selig. Besser ist es, die jeweiligen Umstände zu verstehen und daraus pragmatische Schlüsse zu ziehen! Liberalismus ist nicht einfach nur weniger Staat, sondern es ist die Wahrnehmung fundamentaler Aufgaben durch den Staat: Garantie der persönlichen und wirtschaftlichen Freiheit. Bereitstellung von Sicherheit, von schulischer Grundbildung und von Gütern, welche der Markt nicht oder ungenügend bereitstellt: Infrastruktur im Bereich Wasser, Verkehr, Elektrizität, Kommunikation. Und last but not least eine Existenzgarantie für die Schwächsten unserer Gesellschaft, v.a. in Form von Nahrung und der Sicherstellung einer medizinischen Grundversorgung. Ansonsten muss ein liberaler Staat zurückhaltend sein.

5. Die Banken zu verstaatlichen wäre ein zweischneidiges Blatt: in der nächsten Krise trüge dann garantiert der Staat die alleinige Verantwortung...


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