15 April 2008

 

Die Schweiz - ein freies Land

Der "Anlagekommentar" von Herrn Hummler (http://www.wegelin.ch/xfer/print/pub/kom/kom_255de.pdf) ist starke Lektüre, was bisweilen auch in der Blogosphäre hervorgehoben wurde(http://arlesheimreloaded.ch/article/meer_von_kleinen_schweizen_hummler). Der Autor bringt vieles auf den Punkt, das ich hier nicht nochmals zusammenfassen möchte. Folgender Satz sei hervorgehoben:

"Zum andern muss man sehen, dass ein beträchtlicher Teil der eidgenössischen Verwaltung und der politischen Elite ideell nicht weit entfernt ist von dem, was weiter oben als „sozialstaatliches und finanzpolitisches Desaster“ genannt wurde. Es gibt dieses Phänomen ansatzweise auch in der sonst ziemlich intakten Schweiz, und es gibt auch die Nomenklatur, die diese Struktur fördern oder wenigstens erhalten will."

Das sehe ich natürlich genau so. Darüber hinaus frage ich mich, wer denn die schweizerischen Tendenzen zu mehr Umverteilung überhaupt verhindern kann. Von erstrangiger Bedeutung scheint hierbei die Frage, warum die Schweiz zum heutigen Tag noch nicht so stark in den Umverteilungswahn gefallen ist wie gewisse umliegende Staaten. Die Antwort könnte in der hiesigen politischen Kultur liegen. Die Parteien in der Schweiz vertreten oftmals noch eigene ehrlich geglaubte Ideen und sind nicht reine Stimmenmaximierer. In unseren Nachbarstaaten ist aber letzteres genau der Fall, Paradebeispiel ist Sarkozys UMP, für die jede Idee gut ist die Wählerstimmen bringt. Diese Eigenschaft des Parteiensystems wäre eine systeminhärente Triebfeder in Richtung immer mehr Umverteilung - bis zum Staatsbankrott (in diesem Sinne habe ich mich bislang immer kritisch zum populitischen Vorgehen der SVP geäussert, obwohl ich gewisse Kernanliegen dieser Partei teile und mich deshalb permanent existenziell gevierteilt fühle). Die politökonomischen Gründe für das Demokratieversagen in Richtung von immer mehr Umverteilung sind nicht neu.

Inhaltlich bin ich mit Hummlers Positionen in völliger Übereinstimmung, auch wenn gewisse Dinge etwas überspitzt dargestellt werden. Eine kritische Bemerkung möchte ich anfügen, was die kapitalgedeckte Vorsorge betrifft. Diese wird in einer der zwei Europakarten mehr oder weniger implizit als ausreichender Schutz gegen die anstehenden demographisch bedingten Strapazen der Umverteilung betrachtet. Dem ist allerdings auf keinen Fall so. Kapitalgedeckte Vorsorge ist einem Umlagesystem in vielen Punkten überlegen, sie löst aber das Grundproblem nicht, das sich ergibt, wenn alle (in der gesamten OECD) gleichzeitig alt werden und es zu wenig neue junge "Beitragszahler" gibt: die aufgelaufenen Vermögen erhöhen die wirtschaftliche Produktion nicht, sondern die daraus ausgehende Kaufkraft ermöglicht eine Umverteilung von den Trägern der wirtschaftlichen Produktion hin zu den Rentnern. Die Kaufkraft der "produktiven Kräfte" nimmt dabei im Verhältnis zu den "Entsparern" ab und zwar umso stärker als dass die demographische Alterung ausgeprägt ist. Abhilfe schafft einzig eine Erhöhung der Partizipation auf dem Arbeitsmarkt durch mehr Kinder, späteres Rentenalter, o.ä.

Die andere Europakarte zeigt neben der expliziten Staatsverschuldung auch die implizite Staatsverschuldung. Dabei kommt die Schweiz ziemlich gut weg. Zu dieser zentralen Aussage will, wenn ich dies recht verstanden habe, Bundesrat Merz in diesem oder im nächsten Monat einen Bericht veröffentlichen, nämlich über die langfristigen Perspektiven der Staatsverschuldung. Mal schauen was dabei herauskommt.

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